Wegen Corona nicht Krebstherapie vernachlässigen

Tumorspezialisten mit Appell an ihre Patienten

Auch bei der zweiten Corona-Welle mit steigenden Infektionszahlen sind die Krankenhäuser in Rhein-Berg wieder in Habacht-Stellung und halten eine große Anzahl an Betten für potenzielle Corona-Patienten vor. Angesetzte OPs, die auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden können, werden abgesagt und zusätzliche Intensivplätze reserviert. Doch was geschieht mit den Patienten, die ebenfalls schwer krank sind und dabei eventuell aus dem Blick geraten?

Den Medizinern des Tumorzentrums Rhein-Berg bereitet die momentane Entwicklung, vor allem aber auch die Angst der Menschen vor einer Corona-Erkrankung große Sorgen. Sie fürchten, dass Patienten mit einer Tumorerkrankung nun ihre regelmäßig notwendigen Behandlungstermine nicht wahrnehmen – aus Angst, sie könnten sich in einer Arztpraxis anstecken. Oder aber dass sie fälschlicherweise davon ausgehen, alle Aufmerksamkeit richte sich – wie im Frühjahr – momentan wieder auf Covid-19-Patienten und ihre eigene Krebserkrankung gerate deswegen in den Hintergrund und verliere in der öffentlichen Wahrnehmung an Wichtigkeit.

„Dabei sind wir für unsere Patienten genauso da wie sonst auch und fahren das volle Programm – ohne Abstriche“, versichert Dr. Horst-Dieter Weinhold, Vorsitzender des Tumorzentrums und Strahlentherapeut mit Praxisstandorten am Evangelischen Krankenhaus und am Vinzenz Pallotti Hospital. „Wir appellieren an alle Krebspatienten, ihre Therapietermine wahrzunehmen und somit an ihrem Heilungsprozess aktiv mitzuarbeiten.“ Auch Dr. Dirk Hennesser, niedergelassener Onkologe in Bensberg, argumentiert: „Wir stehen uneingeschränkt für unsere Patienten bereit und lassen sie auch unter erschwerten Bedingungen nicht allein. Sie dürfen darauf vertrauen, dass wir trotz Pandemie im vollen Umfang unsere Arbeit machen.“ Der Tumorexperte mahnt: „Niemand sollte etwas verpassen. Viele Patienten glauben, dass für sie die Vermeidung einer Ansteckung mit Corona wichtiger ist als eine Immun-, Antikörper- oder Chemotherapie gegen den Tumor. Das geht so weit, dass manche am liebsten ihre Krebstherapie abbrechen würden, weil sie Sorge haben, dafür außer Haus gehen zu müssen und sich dabei einer Ansteckungsgefahr auszusetzen.“ Das aber könne im Einzelfall brandgefährlich sein und Kollateralschäden bedeuten. „Unter Umständen geht wertvolle Zeit verloren, die Leben kosten kann.“ Das Corona-Virus dürfe nicht andere schwere Erkrankungen, an denen Menschen auch sterben könnten, überlagern. Es sei unverhältnismäßig, diese aus dem Blick zu verlieren oder womöglich wichtige medizinische Maßnahmen auszusetzen.

Dr. David Bórquez, niedergelassener Onkologe am EVK, warnt davor, die eine Erkrankung gegen die andere auszuspielen und hier eine Gewichtung vorzunehmen. „Tatsache ist, dass die Krebsvorsorge im Frühjahr während des ersten Lockdowns massiv zurückgegangen ist, das aber fatale Folgen haben kann – erst recht wenn Frühwarnzeichen einer möglichen Krebserkrankung monatelang verschleppt, Symptome ignoriert und unverkennbare Anzeichen für einen Tumor erst in einem späteren Stadium erkannt werden.“ Hier sei Aufklärung über die Abwägung aller Risiken ganz wichtig, betont der Spezialist aus Erfahrung. Daher laute seine Botschaft an alle Patienten: „Wir sind für Sie gerade auch jetzt da und kämpfen gemeinsam mit Ihnen für Ihre Gesundheit!“ Niemand dürfe verunsichert werden. „Unsere Aufgabe besteht auch darin, unseren Patienten Mut zu machen“, so Bórquez.

Für den stationären Bereich unterstreichen sowohl Professor Christian Rudlowski, Leiter des Interdisziplinären Brustzentrums und Gynäkologischern Krebszentrums am EVK, als auch Professor Sebastian Hoffmann, Chefarzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie an den GFO-Kliniken, dass es trotz Corona derzeit keinerlei Einschränkungen bei wichtigen Tumoreingriffen gibt. „In unserem Darmzentrum kümmern wir uns zeit- und sachgerecht“, so Hoffmann. Alle Sprechstundenkapazitäten würden aufrecht erhalten. Und auch was Diagnostik und Therapie angehe, dürften sich die Patienten darauf verlassen, dass das gesamte Personal in vollem Umfang arbeite. Das gelte auch für die Operateure. Jeder sollte die angebotenen Vorsorgeuntersuchungen wie zum Beispiel eine Darmspiegelung wahrnehmen. Seit es diese Screenings gebe, könnten gutartige Vorstufen wie Polypen rechtzeitig erkannt und endoskopisch entfernt werden, und die Fallzahlen von Darmkrebs seien deutlich zurückgegangen. „Denn je früher ein Krebs erkannt wird, desto besser behandelbar ist er. Eine Krebsvermeidung“, so erklärt der Chirurg, „ist immer besser als eine Krebsbehandlung.“

Ähnlich argumentiert Kollege Rudlowski: „Auf keinen Fall sollten eine Mammografie oder eine gynäkologische Krebsvorsorge versäumt werden. Und bei Verdacht auf Brustkrebs können alle notwendigen Untersuchungen am selben Tag durchgeführt werden. Daran ändert auch Corona nichts“, betont der Chef-Gynäkologe des EVK. „Selbst die interdisziplinären Tumorkonferenzen, in denen wir im Kollegenkreis bestmögliche Therapiekonzepte für den Einzelnen abstimmen und die zurzeit per Videoschalte stattfinden, wie auch überhaupt die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen bleiben vom aktuellen Infektionsgeschehen unbeeinflusst.“

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